Förderjahr 2024 / Stipendium Call #19 / ProjektID: 7223 / Projekt: Algorithmic Problem Solving in Unplugged Computer Science Outreach Activities
Mein erster netidee-Blogbeitrag, yaaaay :) Worin geht es in meinem Blog über meine Dissertation zu? Und was bedeutet eigentlich der lange Titel meiner Arbeit? Hier bleiben und lesen, wenn ihr meine Reise mitverfolgen wollt ->
Hallo erstmal!
Das Schreiben dieses Blogs im Rahmen meines Dissertationsprojekts hat für mich etwas Besonderes: Es gibt mir die Möglichkeit, meinen Fortschritt zu teilen und gleichzeitig über meine Erfolge und die damit verbundenen Herausforderungen zu reflektieren – beinahe wie eine kleine Therapie. Anders als in meinen wissenschaftlichen Texten, möchte ich den Text persönlicher gestalten, mit Raum für Emotionen und das ein oder andere Emoji ;-) Dabei bleibt die Forschung natürlich im Fokus – schließlich bin ich überzeugt, dass das, was ich tue, wichtig ist. Und ich hoffe, ihr seid es bald auch!
Mein Thema und Ich – die Geschichte wie mein Thema mich gefunden hat
Der Arbeitstitel meiner Dissertation lautet „Algorithmic Problem Solving in unplugged Computer Science Outreach Activities“
Ok. Stopp!
Wir haben hier gleich mal 3 Phrasen, die ich doch ein bisschen genauer ausführen muss bevor wir weitersprechen.
- Algorithmic Problem Solving: Hat jeder schonmal gemacht! Man denke nur mal an Brett- und Kartenspiele und deren (manchmal mehr, manchmal weniger) komplexen Regeln. Dabei handeln wir strikt nach vorgegebenen Regeln, die uns zur Lösung eines Problems (oder zur Beendigung eines Spiels) führen. Und Zack! Schon haben wir eine algorithmische Handlung ausgeführt und damit ein Problem gelöst! Oftmals werden Algorithmen mit Kochrezepten verglichen. Warum ich von diesem Vergleich nicht überzeugt bin, erkläre ich gerne in einem zukünftigen Blog genauer. Man kann aber auch gerne eine Abkürzung nehmen und in meinem letzten Paper nachlesen: "Something that Happens Each Day" - Students' Explanations of What Algorithms Are
- Unplugged Computer Science (kurz: CS-Unplugged): Hierbei geht es um einen Ansatz, bei dem man Informatik lernt oder informatische Konzepte nutzt, ohne dabei einen Computer oder ein digitales Gerät zu benutzen. Zum Beispiel durch Kartenspiele oder Bausteine. Klingt für manche vielleicht eigenartig, aber tatsächlich lassen sich sehr viele informatische Konzepte sehr gut mit anschaulichen Materialien zum Anfassen, analogen Spielen, Puzzles oder Rätsel erklären. Die Community ist hier extrem kreativ und ich kann selbst oft kaum glauben welche tollen Ideen unplugged vermittelt werden.
- Outreach Activities: Hier sind vor allem Aktivitäten gemeint, die im Außerschulischen Kontext für die Bevölkerung getätigt werden, um Wissenschaft zu vermitteln. Im konkreten Fall meiner Forschungsarbeit geht es um die Schulworkshops des TU Wien Informatics eduLAB. Wir führen mehrmals wöchentlich CS-Unplugged Schulworkshops für Schulklassen durch zu Themen wie Algorithmen, Kodierung und Künstliche Intelligenz.
Nachdem wir nun wissen, was der Titel bedeutet, können wir etwas näher ins Detail gehen.
Die Sortieraufgabe – Inspiration und Beobachtungen
Also ich 2021 zum ersten Mal in Kontakt mit den bestehenden Schulworkshops im eduLAB gekommen bin, habe ich mich vor allem in eine Kartensortieraufgabe verliebt. Ich weiß nicht warum, aber Sortieraufgaben hat mich immer schon fasziniert. Als ich noch Lehrerin in der Schule war, habe ich mich immer schon sehr auf das Unterrichten von Sortieralgorithmen gefreut. Vielleicht, weil ich sortieren auch selbst sehr gerne mache, z.B. beim Puzzeln die Steine sortieren. Jedenfalls geht es in der Sortieraufgabe darum, dass eine Schüler_innengruppe (vier bis fünf Kinder) gemeinsam so schnell wie möglich einen Stapel Karten sortieren sollen. Dabei entsteht gerne mal auch ein kleiner Wettbewerb. Die Karten zeigen nicht nur Zahlen, sondern auch unterschiedliche Farben auf Vorder- und Rückseite, was zusätzliche Denkprozesse anregt. Keine Sorge, auch hierzu plane ich noch einen eigenen Blog, der die Aufgabe ausführlich beleuchtet. Die Übung dient in unserem Algorithmen Workshop als Einstiegsaufgabe und zeigt, wie wichtig gute Strategien bei der Zerlegung eines Problems in Teilprobleme sind. Noch dazu werden Themen wie Sortieren und auch Parallelisierung angesprochen. Die Kinder dürfen ihre Strategie zwischendurch besprechen und verbessern, um in einem zweiten Versuch schneller zu sein.
Das Interessante: Sie merken gar nicht, wie sie gemeinsam informatische Aspekte diskutieren, ohne zu wissen, dass sie das tun. Ich nenne es gerne „intuitives algorithmisches Problemlösen“. Was ich auch beobachten konnte, war, dass die Kids immer im zweiten Versuch wesentlich strukturierter und schneller waren. Und was mir an dieser Aufgabe fehlte, war die Möglichkeit den Sortiervorgang sichtbarerer zu machen. Wir Menschen können die Zahlen von 1-10 sehr schnell und einfach sortieren, ein Algorithmus geht hier strukturierter vor und sieht nicht auf einen Blick, dass 1 die niedrigste Zahl ist.
Offene Fragen und (noch) keine Antworten...
Ich wollte mehr darüber erfahren. Wie komplex können die Probleme werden, die Kinder intuitiv algorithmisch Lösen können? Wie können wir Kinder unterstützen, solche
Problemlösefähigkeiten zu entwickeln? Wie können Lehrkräfte gezielt Tipps geben, ohne zu viel zu verraten, um die Entwicklung dieser Problemlösefähigkeiten voranzutreiben? Wie kann man die Aufgabe komplexer gestalten? Welche Elemente muss eine Aufgabe haben, um den gewünschten Effekt zu erzielen? Wie, bzw. kann man überhaupt den Effekt solcher Aufgaben messen?
Eigentlich war das die Geburtsstunde meines Dissertationsprojekts – zu diesem Zeitpunkt waren die Fragen natürlich noch keine ausgeklügelten Forschungsfragen, aber im Wesentlichen war der Funke in mir entfacht. Die größte Herausforderung zu Beginn war es eine geeignete Forschungsmethode zu finden, mit der ich meine unzähligen Fragen beantworten kann. Da die Aufgabe unplugged ist muss ich sie aufzeichnen – also ist das naheliegendste die qualitative Videoanalyse. Da ich schon in der Vergangenheit qualitative Forschungsmethoden kennengelernt und ausprobiert habe, kam mir sehr gelegen!
Kurzfassung – was mache ich denn nun eigentlich?
Ich betreibe „didaktische Grundlagenforschung“. Ich analysiere die Strategien der Kinder und Jugendlichen beim Lösen dieses algorithmischen Problems. Ich möchte zeigen, wie Kinder mit wenig Vorwissen über Informatik informatische Konzepte anwenden und darüber diskutieren können. Das hilft uns bei der Erstellung zukünftiger Aufgaben um Wissen(schaft) zu vermitteln, sei es nun analog oder digital, oder auch KI Anwendungen, sowie Feedback und Hinweise, um Lernenden auf die Sprünge zu helfen.
Mein erster Blog ist nun doch etwas länger ausgefallen als geplant – aber ich habe genug Stoff um schon weiter zu schreiben und alles genauer auszuführen. Das war ja nur ein grober Umriss, um einen Überblick zu bekommen ;) Ich freue mich jedenfalls mit euch meine Leidenschaft für die Informatik und ihre Vermittlung zu teilen. Ich hoffe, dass sich einige wieder hier finden, wenn ich meinen nächsten Post gestalte. Im nächsten Blog werde ich die Sortieraufgabe, und wie ich sie modifiziert habe, genauer beschreiben :P
Martina