Förderjahr 2020 / Project Call #15 / ProjektID: 4975 / Projekt: AMIGO
Im letzten Blogpost haben wir bereits berichtet, wie wir unsere Konzeptionsphase gestaltet hatten. Nun möchten wir einen detaillierteren Einblick in die erste "Understand"-Phase geben, in der wir uns damit beschäftigten, wer eigentlich unsere Kernzielgruppe ist. Wie bereits erwähnt, werden einige der Methoden eigentlich erst nach einer User Interview-Phase angewandt. Für uns war es an dieser Stelle jedoch wichtiger ein gemeinsames Verständnis und eine Basis zu schaffen um effizient weiter arbeiten zu können und die Ergebnisse der Interviews danach einzuarbeiten.
Zunächst war es wichtig herauszufinden, wen wir überhaupt ansprechen möchten. Dabei versuchten wir zunächst alle Stakeholders aufzulisten und zu priorisieren. Ein Schlüsselmoment war die Benennung der Personengruppen. Es stellte sich dabei relativ schnell heraus, dass eine Unterteilung in “Senior:innen” und “Nicht Senior:innen” nicht zielführend sein kann. Immer wieder kam die Frage auf, wo die technik-affinen Senior:innen hineinpassen und wie sie anzusprechen sind.
Diese Überlegungen halfen uns dabei, aus alten Mustern auszubrechen. Schlussendlich führten wir die beiden Usergruppen “Digitals” und “Analogues” ein wobei letztgenannte wenig oder gar keinen Bezug zu digitalen Medien haben und die User der AMIGO Box sind. Im Laufe des Brainstormings haben sich weitere, potentiell interessante Zielgruppen ergeben. Um den Projektumfang nicht zu überschreiten und schneller zu einem ersten Prototypen zu gelangen, werden vorerst nur die ersten beiden Zielgruppen weiter verfolgt.
Zielgruppe 1: Digitals
Primäres Ziel: Kommunikationsbedürfnis Bedürfnis muss oft erst geweckt werden, keine Differenzierung zwischen örtlicher Entfernung, da ein großer Punkt die Inklusion der Senior:innen in den Alltag ist. Interessiert an alternativen Kommunikationsmitteln (Facebook, WhatsApp etc.), allgemein interessierter an moderner Technologie.
Zielgruppe 2: Analogues
Primäres Ziel: Kommunikationsbedürfnis Fokus auf Senior:innen, die geistig und motorisch dazu in der Lage sind, das Produkt zu verwenden. Die Anwendung für Zielgruppen mit schwereren körperlichen Einschränkungen (z. B. Parkinson, Blindheit) wird erst in einer zweiten Phase optimiert.
Zielgruppe 3: Organizations
Primäres Ziel: Entlastung und Verbesserung von Lebensqualität bieten Z. B. Pflegeheime, Pflegeagenturen, betreutes Wohnen und Tagesheime
Zielgruppe 4: Contributor
Primäres Ziel: AMIGO weiterentwickeln, Möglichkeiten und Zielgruppen erweitern, Förderung von Open Source. Z. B. Software-Entwickler, Content-Creator
Nicht-Zielgruppe: Schwere Pflegefälle z. B. fortgeschrittene Demenz
Selbstständige Benutzung des Produktes nicht möglich, körperlicher Kontakt rückt in Relation so weit in den Vordergrund dass ein digitaler Service keinen nennenswerten Mehrwert bringt, Verschlechterung von Gesundheitszuständen sind zu vermeiden!
Zielgruppen verstehen
In diesem Schritt spezifizierten wir die Zielgruppen genauer. Außerdem war es wichtig, die tiefergehenden Beweggründe, Emotionen und Bedürfnisse der Zielgruppen zu verstehen. Grundsätzlich kann man diese nur herausfinden, wenn man mit Usern spricht. Da die COVID-19 Situation noch nicht entspannt genug war, um größere Gruppen persönlich zu befragen, wurde zunächst damit begonnen, Hypothesen und Annahmen aufzustellen, welche später mit den Erkenntnissen der User Interviews kontrolliert werden sollten. Im Verlauf von mehreren Workshops wurden dabei folgende Dinge erarbeitet:
Empathy Map
Sie half uns dabei, uns emotional in die beiden Zielgruppen “Analogues” und “Digitals” zu versetzen und ein einheitliches Verständnis im Team zu bilden. Die Empathy Map besteht aus 4 Quadranten: “Say & Do”, “Think & Feel”, “See” und “Hear”. Zusätzlich gibt es noch zwei Bereiche für “Pains” und “Gains”, welche uns dabei halfen, Rückschlüsse auf mögliche Features in der Konzeptionsphase zu ziehen. Für jede Zielgruppe wurden die Bereiche befüllt und notiert, was die User beim Thema “Kommunikation mit ihren Angehörigen” sagen, denken, tun und fühlen. Da die Aussagen auf Annahmen basierten, müssen wir nach der User-Befragung kontrollieren, ob es wesentliche Unterschiede gibt und gegebenenfalls korrigieren.
User Journeys
Die User Journey sollte uns einen ersten groben Überblick vermitteln, welche Schritte die Zielgruppen voraussichtlich durchlaufen werden, um bestimmte Ziele zu erreichen. Dabei beleuchteten wir weniger den Prozess innerhalb der Applikation sondern Touchpoints vor und nach der Nutzung von AMIGO. Ideen aus vorangegangenen Workshops wurden in die Customer Journey eingearbeitet und erweitert. Auch hier wurde im ersten Schritt ein hypothesis-first-approach angewandt um die vielen einzelnen Ideen, die in unseren Köpfen existieren, zu bündeln. Die User Journeys halfen uns auch dabei, einen ersten Ausblick auf grobe Funktionalitäten zu erhalten, die in weiteren Schritten detaillierter ausgearbeitet und von der User Journey abgeleitet wurden.
Hypothesen
Um einen Projektfortschritt zu ermöglichen, wurden Hypothesen aufgestellt, die wir mithilfe von User Interviews und User Tests zu einem späteren Zeitpunkt abfragen. Auf Basis der ausgearbeiteten User Journeys wurden kritische Punkte herausgehoben. Dabei sollten sich die Hypothesen auch auf unterschiedliche Bereiche der User Journey beziehen. Es wurden sowohl Hypothesen über die User und deren Verhalten (Was nehmen wir an, dass sie tun / nicht tun? Warum nehmen wir an, dass sie etwas tun / nicht tun?) als auch über die Nutzung mit AMIGO (Wir nehmen an, dass das Produkt in bestimmten Situationen genutzt / nicht genutzt wird) und über deren Auswirkung ausgearbeitet.
Personas
Um alle erarbeiteten Erkenntnisse in eine verständliche Form und die Probleme, Herausforderungen und Bedürfnisse auf den Punkt zu bringen, wurden Personas ausgearbeitet. Da auch innerhalb einer Zielgruppe unterschiedliche Bedürfnisse, Lebensabschnitte und Motivationstreiber existieren, wurden innerhalb der Zielgruppe “Digitals” vier Personas erstellt. Bei der Ausarbeitung wurde stark auf eine logische Begründung der unterschiedlichen Verhaltensweisen gelegt. Es wurden möglichst unterschiedliche Charaktere mit unterschiedlichen Herangehensweisen für das gleiche Ziel in einen narrativen Kontext gesetzt.
Die Personas sind als Familie konzipiert. Dieser emotionale Zugang macht die bisher fiktive Zielgruppe greifbarer und es während der Konzeptausarbeitung leichter, Anwendungsaspekte aus unterschiedlichsten Blickwinkeln zu betrachten und einfacher nachzuvollziehen. Außerdem bilden sie in einen möglichen weiteren Schritt ein ideales Marketinginstrument, um den dahinterliegenden Funktionen ein Gesicht zu geben und in eine Geschichte zu verpacken.