Förderjahr 2016 / Stipendien Call #11 / ProjektID: 1860 / Projekt: Der Marktmachttransfer bei digitalen Plattformen
Der Ruf nach einer Regulierung von Internetgiganten wie Google, Facebook und Co ist im öffentlichen Diskurs in Europa deutlich zu hören. Der Vorwurf lautet, dass diese ihre Vormachtstellung ausnützen, um Konkurrenten aus dem Markt zu drängen und Verbraucher zu schädigen. Einen bestehenden Regulierungsmechanismus für marktbeherrschende Unternehmen stellt das europäische Kartellrecht dar.
In einer ersten Annäherung kann das Forschungsinteresse der zu verfassenden Dissertation mit der Frage umschrieben werden, inwieweit Praktiken von eingangs erwähnten Unternehmen als verbotener Marktmachtmissbrauch iSd Art 102 AEUV gelten. Deren Beantwortung setzt zwei Analyseschritte voraus. Erstens: Ab wann kann bei digitalen Plattformen von einer marktbeherrschenden Stellung die Rede sein? Zweitens: Welche Geschäftspraktiken von marktbeherrschenden Plattformen in der Internetökonomie sind kartellrechtlich verboten? Die Beantwortung dieser Fragen verlangt eine Verbindung von juristischer Methodik mit modernen wettbewerbsökonomischen Erkenntnissen. Daher wird in der zu verfassenden Dissertation in einem besonderen Maße auch ökonomische Literatur berücksichtigt, um einem „more economic approach“ in der Anwendung des Kartellrechts Rechnung zu tragen.
Im Fokus der zu verfassenden Dissertation befindet sich ein Geschäftsmodell, das für die Internetökonomie typisch ist: die Vermittlungsleistung zwischen zwei verschiedenen Abnehmergruppen durch eine Plattform. Diese kann beispielsweise durch Apps oder Software wie Google Play oder Windows 10, Suchmaschinen, oder aber auch durch digitale Zeitungen erfolgen. Hierbei soll der Marktmachttransfer, dh die Ausdehnung von Marktmacht auf einen benachbarten, nicht beherrschten Markt, näher untersucht werden, da diese Fallgruppe bei kartellrechtlichen Verfahren in der Internetökonomie eine besonders wichtige Rolle spielt. Die Befürchtung ist hierbei, dass Plattformen ihre Marktmacht vom beherrschten Markt auf andere Märkte ausdehnen und somit verdoppeln – und in den Augen mancher zu mächtig werden. Es gilt daher zu untersuchen, inwieweit durch kartellrechtliche Interventionen das Ziel verfolgt werden kann, den Wettbewerb in neu entstehenden Märkten zu schützen und damit einer Verbraucherschädigung vorzubeugen.