Markus erklärt wie DIDs verwendet werden können
Das Fediverse und die Blockchain
Nicht überall wo "Crypto" draufsteht ist auch Sinnvolles drin... (01.08.2022)
Förderjahr 2018 / Project Call #13 / ProjektID: 3888 / Projekt: MastodonID

In unserem Projekt geht es darum dass die Nutzer:innen des bereits existierenden Sozialen Netzwerks Mastodon mit Hilfe von sogenannten DIDs untereinander Verbindungen aufbauen können, die bei einem Server-Wechsel weiterhin bestehen bleiben - damit wird die erreichbare Verbindungs-Stabilität innerhalb des Netzes deutlich erhöht.

Diese (von der DNS Hierarchie unabhängigen Verknüpfungen) - bieten dann - abhängig von Typ/Struktur des darunter liegenden DID Netzwerks - eine deutlich höhere Langzeit-Verbindungs-Stabilität innerhalb des gesamten verteilten Netzwerks aus allen miteinander verbundenen Mastodon-Servern, und kann damit die selbe Stabilität von bereits aufgebauten Verbindungen wie in “zentralisierten” Plattformen erreichen, und eventuell sogar übertreffen.

Dieses Prinzip ist im kommunikations-Infrastruktur-Bereich unter “Funktionale Trennung” bekannt.

Und die erzielbare Langzeit Stabilität von Verbindungen ist, abgeleitet von der Netzwerk-Theorie (Metcalfe’s Law: Nützlichkeit ist eine nicht-lineare Funktion der Qualität und Anzahl der Verbindungen), die wesentlichste Hürde damit ein alternatives Netzwerk für Menschen attraktiv wird, die sich ansonsten nicht damit auseinandersetzen würden, weil sie sich weitgehend außerhalb relativ eingeschworener “Alternative Service User Communities” befinden.

Das wird durch geschichtliche Analyse aller nennenswerten Vorläufer-Projekte (Diaspora, Identica, PumpIO, AppDotNet, und viele mehr) untermauert, denn es stellt sich heraus, dass die Langzeit-Stabilität der Verbindungen bisher immer entscheidend war für ein Netzwerk um von einer kleinen Randerscheinung zur Anwendung mit gesellschaftliche Relevanz zu werden.

Also solang es nicht gelingt die “Metcalfe’sche Wand” mit Hilfe eines Models mit höherer erkennbarer “Langfrist-Stabilität” der Verbindungen (eben langfristig) zu erklimmen kann sich die Situation nicht verbessern. Solange nicht klar ist, wie sich Accounts und damit die Verbindungen FREI(*) über Server-Grenzen hinweg bewegen lassen, solange werden die großen, zentralisierten Plattformen den Mark dominieren.

Also, unserer Ziele waren:

DID Integration in das Mastodon Backend, inklusive Anpassung des DID Resolvers und dafür Sorgen dass dieser Ansatz im aktuellen Mastodon Netzwerk (welches aktuell maßgeblich von der Non-Profit GmbH “Mastodon.social” verwaltet wird) zur Anwendung kommt.

Was ist das aktuelle Problem?

Das Problem, welches sich am Ende des MastodonID Projekts ergeben hat, war, dass sich bis 2020 - also mehr als 10 Jahre nach dem Start der ersten stabil laufenden, öffentlich zugänglichen, verteilten Datenbank namens Bitcoin - noch immer kein nennenswertes alternatives Netzwerk gebildet hat, welches NICHT auf “Token Economy” und “Proof-of-Work” aufbaut.

Als Beispiel: das nach Bitcoin zweit-bekannteste Projekt Ethereum hat in den letzten Jahren eine Weiterentwicklung hinzu nennenswert höherer Skalierbarkeit und stabilem non-PoW Betrieb mehrmals angekündigt und verschoben.

Zahlreiche angesehene Experten vertreten mittlerweile den Standpunkt (und wir schließen uns dieser Einschätzung an) dass sich mit Proof-of-Stake grundsätzlich kein stabiles Netzwerk bauen lässt, welches tatsächlich ohne einen Single-Point-of-Failure auskommt:

"Just one of the problems with Proof of Stake is that it becomes bandaids on bandaids on bandaids…"

https://twitter.com/Leo_Glisic/status/1525547043560730624

Tatsache ist: 2022 bauen alle “wesentlichen” DLTs sind nach-wie-vor auf einer klassischen “Token Economy” auf. D.h. es kommt unweigerlich zum Handel mit den dabei entstehenden künstlich verknappbaren Objekten. Das führt unweigerlich zu Spekulation und Betrug, vor allem in jenen Bereichen wo noch keine ausreichenden rechtlichen Rahmenbedingungen definiert wurden.

Zusätzlich sind keine der aktuellen Proof-of-Work Netzwerke in der Lage zu “messen ob sie angegriffen werden” - dadurch kommt es zu unglaublich hohen Ressourcen-Verbrauch wenn der Wechselkurs steigt, selbst bei sehr geringem Datenaufkommen. Das Bitcoin Netzwerk verbraucht dadurch aktuell mehr Strom wie ganz Schweden, bei einer (weltweit gesehen) sehr niedrigen Kapazität von weniger als 10 Transaktionen pro Sekunde.

Was sich gezeigt hat: grundlegende Verbesserungen dieser Situation werden von den zahlreichen DLT-Projekten seit mehreren Jahren versprochen, wurden aber bisher nicht realisiert!

Was hingegen realisiert wurde war eine bis dahin ungesehene Welle von wenig vertrauenswürdiger Geschäftemacherei - vor allem spekulativer Natur. Gleichzeitig haben viele große Technologie-Konzerne (IBM, Microsoft, Meta,…) und zahllose Consulting Firmen begonnen sich in fast alle Bereiche wo prinzipiell eine Datenbank benötigt wird mit dem Begriff “Blockchain” hinein zu reklamieren - obwohl viele dieser Konzepte den grundlegenden Plausibilität-Test (via “do you need a blockchain for this problem” Category Decision Flowchart) nicht bestehen.

Dieses Phänomen ist mittlerweile hinlänglich bekannt als “Bitcoin” bzw “Cryptowährungen” - und wird seit wenigen Jahren nur noch als “Crypto” zusammengefasst.

Wieso ist das relevant in diesem Projekt?

Das zu überwindende Problem für die Etablierung von DID-basierten Netzwerken besteht im Moment darin, dass sich die globale Entwickler-Community im Bereich der sozialen Netzwerke (Mastodon und viele andere die sich den Überbegriff Fediverse teilen) in den letzten Jahren mehrheitlich dahingehend entwickelt hat Konzepte strikt abzulehnen wo “tradable Tokens” (fungible & non-fungible) oder “Proof-of-Work” zum Einsatz kommen.

Das Wort “Crypto” wird in diesem Teil der Community mittlerweile als extrem negativer Kampfbegriff geführt.

Eines der (unserer Auffassung nach) deutlichsten Symbole dieser Ablehnung ist: Der Formale Widerspruch von Mozilla in der Entscheidung ob der aktuelle DID/VC Draft Standard den Status einer offiziellen “W3C Recommendation” bekommen soll.

https://www.golem.de/news/digitale-identitaeten-did-core-spezifikation-…

Und dass obwohl dieser Standard nur indirekt (über die Definition von manchen DID Methoden) mit dem Thema ”Crypto” in Verbindung steht ... dass es jemals zu solch einer starken Opposition kommt hatte selbst beim Start des MastodonID Projektes Anfang 2019 kaum jemand erwartet. 

Inmitten einer halbwegs friedvollen Gemeinschaft hat sich innerhalb der letzten 4 Jahre ein Glaubenskrieg ausgebreitet, der das gesamte Feld in zwei stark polarisierte Teile gespaltet hat. Auf Entwickler-Konferenzen, in Hackerspaces, und überall wo Netzpolitik eine Rolle spielt stehen sich mittlerweile die Lager der “Crypto-Bros” und “Anti-Cryptos” gegenüber.

Es ist ein Kulturkampf im Gange - wo es aber laut unserer Analyse - im Kern um zwei entgegengesetzte Rechts-Philosophische Positionen zum Thema der Regulierung einer “Öffentlichen Kommunikations-Infrastruktur” (bzw eines public permissionless DLTs) geht:

 

  1. Privilegierte Kontrolle über die gesamte Datenbank von einzelnen Akteuren ist grundsätzlich abzulehnen, egal in welchem Kontext, weil sonst Missbrauch dominiert.
  2. Privilegierte Kontrolle von einzelnen Akteuren über die gesamte Datenbank ist grundsätzlich notwendig, egal in welchem Kontext, weil sonst Missbrauch dominiert.

 

Wir haben während der aktuellen Pandemie Phase (2020-2022) eine Verschärfung dieser Entwicklung beobachtet und es wurde immer deutlicher, dass wir die Entwickler:innen (und damit die Benutzer:innen) des Mastodon Netzwerks nur dann für eine Kopplung mit einem DID Netzwerk überreden können, wenn dabei eine DID Registry zur Anwendung kommt welche zwischen den beiden Positionen einen Kompromiss realisieren kann.

Und nach 2 Jahren intensiver Suche und Analyse der derzeit bekannten Entwürfe steht für uns fest: zu physischen Pseudonym-Parties gibt es keine Alternative wenn es darum geht eine demokratische Teilhabe zu sichern.

Das wird in einem aktuellen Paper von (dem in Europa zu den führenden Proof-of-Person-Hood Forschern gehörenden) Bryan Ford von der EPFL in Lausanne überzeugend begründet (https://bford.info/pub/soc/personhood/).

Und seit dem offiziellen DID Recommondation Veto von Mozilla war klar: die aktuellen DLTs sind nicht geeignet um im aktuellen Fediverse eingesetzt zu werden. Die Mehrheit der Entwickler-Gemeinde lehnt sie aus den oben genannten Gründen rigoros ab.

Wir haben uns daher am Ende des Projektes entschieden ein weiteres, vermutlich größenwahnsinnig klingendes Vorhaben zu starten: Wir wollen eine alternative zu Proof-of-Work/Proof-of-Stake entwicklen, die zumindest in LOKALEN Kontexten keine Tokens braucht um funktionieren zu können.

Aus diesem Ansatz ist vor wenigen Monaten ein gefördertes Dissertations-Projekt entstanden, welches von Paul Fuxjäger an der Fakultät für Informatik der Universität Wien (Forschungsgruppe für Kooperative Systeme https://cosy.cs.univie.ac.at) Anfang 2021 begonnen wurde.

Denn für uns steht fest: der Ansatz der funktionalen Trennung - und damit der Einsatz von standardisierten Schnittstellen wie im Falle von DIDs - ist alternativlos - genauso wie es Gewaltenteilung in modernen Demokratien braucht :)

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