Förderjahr 2018 / Project Call #13 / ProjektID: 3888 / Projekt: MastodonID
Das Problem:
Wir kennen vermutlich ALLE den Aufwand der mit einem Wechsel des persönlichen Email Providers verbunden ist: um weiterhin gut erreichbar zu sein muss allen wichtigen Kontakten die neue Adresse oft manuell mitgeteilt werden, denn eine Weiterleitung ist (wenn überhaupt) nur temporär möglich.
Ähnliches passiert auch beim Wechsel zwischen sozialen Netzwerken: meistens geht dabei ein Teil des sozialen Graphen (die Verbindung mit anderen Nutzern) verloren und muss neu aufgebaut werden.
Es gibt gute Gründe anzunehmen dass diese "Umzugs-Hürde" der stärkste Treiber hinter der Monopolisierung ist die wir in den letzten Jahren im Bereich der sozialen Netzwerke beobachten konnten: denn es wirken hier starke Netzwerk Effekte die es für neue Anbieter nahezu unmöglich machen erfolgreich in den Markt einzutreten.
Die nun dominierenden Plattformen wie Facebook und Twitter sehen sich aber zusehends massiver Kritik ausgesetzt: durch Ausnützung von Schwachstellen der großteils automatisierten Moderation scheint es möglich Fehlinformation und versteckte Propaganda in massivem Ausmaß zu verbreiten.
Es scheint fast so als wären streng hierarchisch strukturierte Systeme einfach nicht in der Lage mit der Komplexität einer globalen Moderation zurecht zu kommen.
Der Lösungsansatz:
Wir haben uns im Projekt MastodonID ein anspruchsvolles Ziel gesetzt:
Wir wollen das Mastodon Netzwerk - die bisher erfolgreichste dezentral strukturierte Twitter-Alternative so erweitern dass bei einem Server-Wechsel innerhalb des Netzwerks der soziale Graph vollständig erhalten bleibt.
Warum ist das von Bedeutung? Nun, im Moment ist ein Wechsel zwischen Servern innerhalb des Mastodon Netzwerks noch mit ähnlich hohem Aufwand verbunden wie ein Wechsel des Netzwerkes selbst. Bei einem Ausfall des eigenen Servers (oder bei Problemen im Bereich der lokal angewandten Moderation) müssen Verbindungen neu aufgebaut werden und veröffentlichte Inhalte gehen u.U. vollständig verloren da kein automatischer Backup/Restore Mechanismus verfügbar ist.
Das Risiko dass es innerhalb des zentral organisierten Twitter Dienstes zu einem Verlust der aufgebauten Identität kommt wird im Moment von den meisten noch als geringer eingeschätzt. Und das hält viele Menschen davon ab sich überhaupt erst eine eigene Identität im Mastodon Netzwerk aufzubauen.
Solange dieser Zustand anhält ist der Vernetzungsgrad und damit die Nützlichkeit den eine Mastodon-Identität bietet natürlich um Großenordnungen kleiner als der einer Twitter-Identität.
Die Methode:
Wie kann diese Server-Unabhängigkeit im Mastodon Netzwerk technisch umgesetzt werden?
Erstens: wir wollen wir eine Technologie zum Einsatz bringen die unter dem Namen Self Sovereign Identity in den letzten Jahren von namhaften Forschern im Bereich des Identitäts-Managements entwickelt wurde. Eine Einführung und Details zum Thema DID können in den Blogposts unseres Vorgängerprojektes nachgelesen werden: https://www.netidee.at/sovereignid/
Zweitens: da es sich bei Mastodon um ein verteiltes System handelt müssen wir die Integration der DID Funktionen so vornehmen dass Probleme aufgrund von Schnittstellen-Inkompatibilität zwischen den (letztlich unabhängig betriebenen) Servern minimiert werden.
Vor allem der zweite Punkt macht uns im Moment das meiste Kopfzerbrechen: wir mussen einen Weg finden wie Nutzer schon bei geringer Durchdringung von DID-Supporting Servern einen nennenswerten Vorteil genießen können. Nur dann klappt der "Bootstrap" der neuen Funktion in diesem verteilten System und die Erstellung dieser Strategie steht im Zentrum des ersten Arbeitspaketes von MastodonID dass wir gerade begonnen haben zu bearbeiten.
Wichtig zu erwähnen ist hier: das Protokoll welches zwischen Mastodon Servern zum Einsatz kommt nennt sich ActivityPub und hat im Moment den Status einer W3C Recommendation. Es ist noch nicht in Stein gemeißelt, aber scheint in der Community bereits eine hohe Akzeptanz zu genießen, vermutlich weil es viele positive Aspekte der vorangegangen Protokolle in dem Bereich in sich vereint.
Christopher Lemmer Webber, einer der Hauptautoren des ActivityPub Protokolls, beschriebt hier das Potential einer Integration von DIDs:
Haltet uns die Daumen, mit genug Hirnschmalz und etwas Glück beginnt hier und jetzt ein neues Kapitel in der Geschichte der Entwicklung von Sozialen Netzwerken. :-)