Förderjahr 2017 / Stipendien Call #12 / ProjektID: 2422 / Projekt: Repräsentationen des digitalen Spielens
Als mit der rasanten Verbreitung SMS-fähiger Mobiltelefone Abkürzungen für gängige Floskeln zum selbstverständlichen Repertoire jugendlicher Kommunikation wurden, erschien vieles noch sehr naheliegend. Die Zeichenbeschränkung der Kurznachrichten zwang zum sparsamen Umgang mit Anschlägen. Also wurde aus „Liebe Grüße“ „lg“ und aus „Hab dich lieb“ „hdl“.
Chatrooms, Internet-Foren und Online-Spiele haben die Entwicklung solcher Kurzformen massiv beschleunigt. Zum einen wurden die abgedeckten Inhalte breiter. Was mit Abkürzungen für Grußformen anfing, erweiterte sich bald auf Emotionen („*g*“ und „lol“), Diskussions-Formeln („imho“ als „in my humble opinion“) oder Gaming-Begriffe („npc“ für non-player-character, „op“ für overpowered). Zum anderen fand – wie einige der Beispiele zeigen – eine Internationalisierung der Abkürzungen statt, indem rund um den Globus immer mehr englische Formulierungen verkürzt und verwendet wurden.
Neben dem praktischen Nutzen, haben diese Abkürzungen aber auch soziale Funktionen, die es im Zuge meiner Forschung zu erkunden gilt. Am Beispiel der Gamer-Sprache zeigt sich etwa, wie sehr individuelle Codes die Identität einer Gruppe stärken können. Über allgemein Gaming-bezogene Abkürzungen und Begriffe hinaus werden in den Communities unterschiedlicher Spiele auch wieder ganz eigene Codes verwendet. Wer die nicht kennt ist nicht Teil der Gruppe und immer wieder ist für mich zu beobachten, wie dieses Wissen auch nicht uneingeschränkt weitergegeben wird. Nur wer respektiert wird, wird in einzelne Communities und ihre Sprache eingeführt.
Die soziale Relevanz diverser Abkürzung könnte ein zentraler Grund dafür sein, dass diese auch den Sprung in die gesprochene Sprache geschafft haben. Den Ausruf „lol“ oder die Bezeichnung eines Gegners als „op“ hört man auch vor den Bildschirmen und „gg“ (für „good game“) liest man nicht nur in Spiel-Chats, sondern man bekommt es auch über die Sprachverbindung zu hören. Die gesparte Zeit bietet hier wohl eine weit weniger zufriedenstellende Begründung als die soziale Bedeutung einer gemeinsamen Sprache, die das Zusammengehörigkeitsgefühl der jeweiligen Gruppen bestärkt.