Regulierungsvorschläge
Empirisch basierte Regulierungsvorschläge an Entscheidungsträger:innen (26.03.2024)
Förderjahr 2021 / Projekt Call #16 / ProjektID: 5768 / Projekt: Free to Play?

Erhöhung der Hemmschwelle:

Wie gezeigt werden Lootboxen sowohl von den befragten Jugendlichen als auch von den Influencer:innen, deren Pack Openings sie auf Streams verfolgen, meist in großer Anzahl gekauft und geöffnet. Da dabei viele Lootboxen hintereinander geöffnet werden, steigt die Ereignisfrequenz beim Öffnen dieser. Diese Ereignisfrequenz stellt den Aspekt dar, der die Entwicklung einer Suchterkrankung am stärksten befördern kann (, weshalb eine Erhöhung von Hemmschwellen pathologischem Nutzungsverhalten vorbeugen kann.

Gegenstände müssen einzeln gekauft werden: Um die Wahrscheinlichkeit eines problematischen Nutzungsverhaltens zu verringern, ist deshalb der zeitgleiche Verkauf von Lootboxen sowie anderen In-Game-Gegenständen in sehr kleinen Mengen oder einzeln wünschenswert.

Pausen nach Käufen: Wenn ein Spielkauf getätigt wurde, sollte ein weiterer Kauf erst nach einer Pause von zumindest ein paar Minuten möglich sein, um hohe Ereignisfrequenzen zu vermeiden und möglichem problematischem Verhalten entgegenzuwirken.

Bewerbung einschränken: Spiele wie Fortnite oder Brawl Stars sind in der Bewerbung von In-Game- Käufen aggressiv. So startet man Spiele nicht im Hauptmenü, sondern Spielende werden direkt in den Shop gelotst und durch zahlreiche Push-Benachrichtigungen über Events informiert. Das Bewerben spezieller Angebote auf dem Startbildschirm oder per Push-Benachrichtigungen sollte unterbunden werden.

Öffnungszeiten der Shops: Eine einfach umzusetzende Hemmschwelle, die Kindern und Jugendlichen die Nutzung des Shops erschweren würde, wäre, die Möglichkeiten, In-Game-Käufe zu tätigen auf die späten Abendstunden zu legen.  Kaufmöglichkeiten sollten nur dann beworben werden, wenn der Shop auch geöffnet ist.

Käufe mit nur einem Mausklick: Spiele wie Fortnite boten über lange Zeiträume die Möglichkeit an, mit einem einzigen Mausklick den Kauf eines Skins zu tätigen, weshalb die amerikanische FTC eine hohe Geldstrafe gegen den Anbieter aussprach. Die Möglichkeit, sehr niederschwellig und schnell Geld auszugeben besteht weiterhin in vielen Spielen. Ein konsument:innenfreundliches Finanzierungsmodell sollte eine gewünschte Kaufoption mindestens einmal bestätigen lassen. 

 

Transparenz und Information:

Die seitens der Industrie selbst gestaltete Transparenz bei Käufen von Lootboxen geht über eine vage Prozentzahl selten hinaus und stellt keine ausreichende Information für einen informierten Kauf dar. Folgende Schritte können zu bewussteren Kaufentscheidungen beitragen:

Anzeigen von Kosten in Echtgeld: Neben der Spielwährung sollte auch der tatsächliche Preis virtueller Gegenstände in Echtgeld klar angezeigt werden, und zwar je nachdem, zu welchem Kurs die Spielwährung erworben wurde.

Anzeigen kumulierter Geldausgaben: Die einzelnen oft kleinen Geldbeträge, die für den Kauf von Spielinhalten anfallen, können Käufer:innen in Bezug auf die Höhe der insgesamt getätigten Ausgaben täuschen. Bei Käufen sollen darum die kumulierten bisher ausgegebenen Geldmengen in Echtgeld angezeigt werden.

Transparenz bei Gewinnwahrscheinlichkeiten: Die derzeit angezeigten Gewinnwahrscheinlichkeiten bei Lootboxen sind keineswegs transparent und werden behördlich nicht überprüft. Wenn angezeigte Wahrscheinlichkeiten transparent sein sollen, muss auch der dazugehörige Algorithmus offengelegt sowie eine unabhängige Kontrollinstanz zwischengeschalten werden.  

Einsicht in die gesammelten Daten des eigenen Spieler:innenverhaltens: Viele der implementierten Algorithmen bieten Spielenden individualisiert Gegenstände zu ebenso individualisierten Preisen oder mit individualisierten Gewinnwahrscheinlichkeiten an. Die Basis, auf der Algorithmen diese individuellen Angebote stellen, also gesammelte statistische Daten über das eigene Kaufverhalten, müssen für Konsument:innen einsehbar sein. 

Hinweis über Besitz virtueller Gegenstände: Anders als im Glücksspiel wandern virtuelle Güter in Spielen beim Kauf nicht in den Besitz der Spielenden, sondern sind weiter an das Spiel gebunden. Sollte der eigene Account gesperrt werden oder das Spiel den Betrieb einstellen, sind damit auch die gekauften Inhalte verloren. Auf diesen Umstand muss deutlich hingewiesen werden.

Transparentes Labeling: Institutionen wie die USK oder PEGI zeigen sich zögerlich in ihren Hinweisen auf Glücksspielmechaniken in Spielen. Da diese auf ihren entsprechenden Labels nicht klar auf den Glücksspielcharakter mancher Spiele hinweisen und die Wirksamkeit der Labels selbst empirisch nicht belegt ist, ist fragwürdig, ob diese einen ausreichenden Jugendschutz bieten. Eine Positionierung dieser Institutionen durch ein klar ersichtliches Kennzeichnen betreffender Spiele und entsprechenden Erhöhungen bei den Altersempfehlungen ist ungeachtet dieser Frage wünschenswert.

Die Audiovisuelle Gestaltung beim Öffnen von Inhalten: Ebenso wie die Inhalte in den Lootboxen selbst, ist die Gestaltung beim Öffnen von Lootboxen und beim Finden seltener Inhalte keineswegs zufällig und fungiert als emotionale Verstärkung bei Gewinnen. Hier stellt sich die Frage, wie Gewinne aus Lootboxen präsentiert werden dürfen.

Vermehrte Forschung mit Daten der Industrie: Einige wissenschaftliche Erhebungen zu Geldausgaben weisen methodische Schwächen auf, die ihre Aussagekraft relativieren. Meist liegt dies an Herausforderungen bei der Akquise der Stichprobe. Die Firmen, die In-Game-Käufe anbieten, verfügen über große Mengen von Daten und Informationen über ihre Käufer:innen. Das Teilen dieser mit akademischen Forschenden ohne Gewinnabsichten würde die Beforschung sowie das Empfehlen passender und notwendiger Regulierungsmaßnahmen maßgeblich erhöhen.

 

Jugendschutzmaßnahmen:

Aufgrund ihrer entwicklungsgemäß verringerten Impulskontrolle stellen Kinder und Jugendliche eine vulnerable Bevölkerungsgruppe dar, die vermehrten Schutz vor glücksspielähnlichen und aggressiven Monetarisierungsmodellen benötigt. Folgende Maßnahmen wären dazu hilfreich:

„Know your Customer (KYC)) bei betreffenden Spielen: Bei einer Vielzahl von Dienstleistungen (auch dem Glücksspiel) ist eine Überprüfung der zahlenden Kund:innen per Personalausweis auch online selbstverständlich. Da gezeigt werden konnte, dass die Höhen der Geldausgaben mit pathologischem Spielverhalten korrelieren, ist ein „Know-your-Costumer“ (KYC) Prozess auch für Anbieter digitaler Spiele ein gangbarer Weg, um minderjährige und pathologische Spielende zu schützen und die Hemmschwelle für Ausgaben im Spiel zu erhöhen.

Möglichkeiten zur Fremd- und Selbstsperre: Durch eigene Meldung oder Meldung einer erziehungsberechtigten Person an den Anbieter muss es möglich sein, die Option, Geld auszugeben, für bestimmte Zeiträume zu sperren.

Zahloptionen einschränken: Vor allem in jungem Alter nutzen Kinder und Jugendliche vorrangig Guthabenkarten wie die Paysafecard, um Spielinhalte zu kaufen. Wenn Spieleanbieter Jugendschutz ernst nehmen wollen, ist ein wichtiger Schritt der Verzicht auf diese Kaufoption, um frühe, hohe und von Erziehenden oft unbemerkt getätigte Ausgaben von Kindern und Jugendlichen zu vermeiden.

Setzen eines monatlichen Ausgabelimits für alle Spielende: Dies müsste durch den Hersteller geschehen und würde den Wettkampfcharakter im Spiel ändern, da es über einen Punkt hinaus keinen kaufbaren Spielvorteil mehr gibt. Risikospielende, deren Hauptmotiv für Käufe kompetitiver Art sind, könnten ihre Geldausgaben so leichter regulieren.

 

Regulierung glücksspielnaher Angebote:

Aspekte wie Skin Gambling oder simuliertes Glücksspiel zeigen sich im Rahmen unserer Erhebung als auffällig, wobei eine Regulierung entsprechender Angebote notwendig scheint.

Altersbeschränkungen: Wenn klar ersichtlich ist, dass Spiele glücksspielähnliche Mechaniken nutzen, um Spielende zu Geldausgaben zu bewegen, besteht die Möglichkeit, die Altersempfehlungen für das Spiel selbst auf 18 Jahre zu erhöhen. Eine Altersempfehlung für simuliertes Glücksspiel wie das Spiel Coin Master ab 12 Jahren (PEGI) oder ab 16 Jahren (USK) entbehrt einer entwicklungspsychologischen Grundlage, wirkt arbiträr und stellt den Sinn der Altersempfehlung in Frage. Ein transparentes und konsequentes Vorgehen bei der Vergabe entsprechender Altersempfehlungen wäre hier erneut wünschenswert.

Sperren von Skin Gambling-Seiten: Auch wenn derartige Beschränkungen von technikaffinen Nutzer:innen umgangen werden können, stellt das Sperren betreffender Seiten über den Internetprovider eine weitere Hemmschwelle in der Nutzung der Drittanbieterseiten dar.

Verbot von Cash-Out-Optionen: Die Möglichkeit, Spielgegenstände gegen Echtgeld zurückzutauschen wird durch den Anbieter Steam mit dem internen Marketplace erst ermöglicht. Dieser stellt allein einen wichtigen ermöglichenden Faktor für problematische Praxen wie Skin Gambling dar und Regulierungen des Anbieters Steam (Valve) sollten darum angedacht werden. Es ist darüber hinaus angesichts der vorliegenden Daten nicht nachvollziehbar, weshalb Drittanbieterseiten wie CSGORoll, die Skin Gambling ermöglichen, ihre Dienste legal anbieten dürfen. 

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