Förderjahr 2018 / Stipendien Call #13 / ProjektID: 3550 / Projekt: "Game Over?"
"Onlinesüchtig?!?" - Während der Suchtbegriff medial oft sehr schnell und reißerisch zur Anwendung kommt, ist er in Bezug auf digitale Spiele noch etwas problematisch.
Zum momentanen Zeitpunkt ist eine Diagnose von Computerspielsucht nämlich noch gar nicht möglich – weder im „Diagnostic Statistical Manual“ (DSM- V) noch im Kriterienkatalog der WHO, dem „International Classification of Diseases“ (ICD-10) ist eine Computerspielsucht so angeführt, dass sie diagnostizierbar wäre. Und auch, wenn sich dies in den kommenden Monaten mit der endgültigen Veröffentlichung des neuen Manuals der WHO, dem ICD-11, ändern könnte, steht die Forschung dazu vor einer recht großen Anzahl sich wiedersprechender Ergebnisse.
So konnten bislang keine klare Prävalenzzahlen für Computerspielsucht in der Bevölkerung erhoben werden (diese schwanken je nach Studie zwischen ca. 1% und mehr als 20% der Gesamtpopulation). Gründe dafür findet man zum einen in methodischen Schwierigkeiten der Studien selbst, vor allem aber auch in den Definitionen der Phänomene, die überhaupt untersucht werden. So findet man Studien zu den Themen „Internet Gaming Disorder“, „Gaming Disorder“, „Online Addiction“, „Internet Addiction“, „Pathologisches Computerspielen“, „Exzessive Internetnutzung“ und vielen mehr, die alle mehr oder weniger das selbe Phänomen untersuchen. Wie gesagt aber nur mehr oder weniger. Die genannten Begriffe werden in Studien oft synonym verwendet und die mangelnde Trennschärfe zwischen dem, was an einem exzessiven Computerspielverhalten und einem exzessiven Internetkonsum (was auch immer das genau sein soll) spezifisch ist, wird dabei außer Acht gelassen. Dies erschwert die Vergleichbarkeit dieser Studien nicht nur, es macht sie unmöglich, was mich wiederum vor einige Schwierigkeiten stellt: nach welchen Kriterien welche Studien in der Dissertation behandelt werden ist eine Frage, die sich nach Monaten der Zusammenfassung relevanter Studien aufdrängt – eine Vollerhebung wäre angesichts der methodischen Unterschiede der Studien wenig zielführend.
Für die Praxis ist die Frage nach der genauen Definition von Computerspielsucht, „Gaming Disorder“ oder „Internet Gaming Disorder“ weniger relevant. Seit langem sind Fachkräfte mit Phänomenen des exzessiven Computerspielens konfrontiert und zum Handeln gezwungen – meist intuitiv und ohne klare fachliche Vorgaben zu diesem spezifischen Thema. Ein Umstand, der sich ob der steigenden Relevanz des Phänomens ändern muss.