Förderjahr 2023 / Stipendien Call #18 / ProjektID: 6727 / Projekt: Gutes Wohnen in Smart Homes.
Einige ethische Diskurse in Bezug auf Smart Homes (SH) bemühen sich technik- und pflegeethische Ansätze miteinander zu kombinieren, doch was entsteht ist ein ethischer Fleckerlteppich.
Der ethische Diskurs in Bezug auf Smart Homes (SH) entwickelt sich überwiegend aus der Technikethik heraus und wird mehr oder weniger parallel durch die Pflegeethik ergänzt. Einige Diskurse bemühen sich hierbei technik- und pflegeethische Ansätze miteinander zu kombinieren und zu prüfen inwieweit sie für den Kontext von SH fruchtbar gemacht werden können. Andere Diskurse behandeln technik- und pflegeethische Ansätze strikt getrennt und setzten diese unabhängig vom Kontext in SH als gültig. Hierdurch entsteht zunehmend eine Diskurslandschaft, die teilweise aneinander vorbeiredet, Kontexte ignoriert und somit einige Lücken im ethischen Diskurs provoziert. Es entsteht ein ethischer Fleckerlteppich, der mal mehr und mal weniger zusammenpasst und an manchen Stellen Löcher hat.
Technik aus technikphilosophischer Perspektive
Der wissenschaftlich-technische Fortschritt erweitert die menschlichen Handlungsmöglichkeiten. Auf viele Dinge erhält der Mensch über technische Gestaltbarkeit einen Zugriff, die bis dato als unbeeinflussbare Natur oder als Schicksal akzeptiert werden mussten. Mit diesem Zugriff erhöhen sich die Wahlmöglichkeiten und verringern sich Abhängigkeiten von der Natur und Tradition. Dieses Mehr an Wahlmöglichkeiten bringt ebenso die Notwendigkeit mit sich Entscheidungen treffen zu müssen. Im Bereich des wissenschaftlich-technischen Fortschritts mangelt es hier an klaren Entscheidungskriterien oder -verfahren. Dies führt zu einem Orientierungsdefizit, Konflikten und Unsicherheit, die durch eine entsprechende Technikethik gelöst werden soll. Aufgrund verschiedenster Erfahrungen mit der technischen Entwicklung ist der Technikoptimismus abgekühlt und einem Technikskeptizismus gewichen, der viel mehr die Risiken und Folgen in den Blick nimmt und sich auch Fragen in Bezug auf den Fortbestand der Menschheit stellt.[1] Im Bereich ubiquitous computing stellen sich folgende technikethische Fragen:
- Wie wird die Wirklichkeit bestimmt in der gehandelt werden soll?
- Wie wird die Identität der Handlungssubjekte bestimmt um Verantwortung zuschreiben zu können?
- In wie weit kann noch von Wahlmöglichkeiten zum verantwortlichen Handeln gesprochen werden[2]?
Durch das zunehmende Verschmelzen der interaktiven Zugangselemente mit der Umgebung, verschwimmen die klaren Schnittstellen zwischen Mensch und Maschine. Die Technik, das Gerät, die Maschine sind keine in sich geschlossenen, abgegrenzten Objekte mehr. Sie sind so sehr in den Alltag integriert, dass sie vielmehr wie eine gut angepasste Brille auf unsere Nase sitzen und wir vergessen, dass sie vorhanden ist. Dadurch wird die Widerständigkeit der Brille verringert. Dies „[…] kann im Sinne einer Entmündigung und Fremdsteuerung interpretiert werden.“[3] Die zur Entlastung eingesetzte Technik gefährdet somit über die eintretende Entmündigung die menschliche Autonomie. Selbständig agierende Systeme räumen Widerstände aus dem Weg um bei der Orientierung und Alltagsorganisation zu helfen. Hier stellen sich in erkenntnistheoretischer Hinsicht die Frage, ob durch die Hilfe der Technik nicht nur Kompetenzen abgebaut werden, sondern auch unsere Weltwahrnehmung gelenkt wird. Sobald die Mensch-Maschinen-Schnittstelle (MMS) ins Körperinnere verlagert wird, verstärkt sich die Abhängigkeit unserer Weltwahrnehmung von apparativen Vorgaben. Mit intelligenten Implantaten, die nicht nur den menschlichen Körper an sich erweitern, sondern mit der Umgebung kommunizieren stellen sich in anthropologischer Hinsicht Fragen. Es findet eine Entindividualisierung der körperlichen Disposition statt, die eine Transformation nach sich ziehen könnte, hinsichtlich neuen Wahrnehmungs- und Handlungsdispositionen.[4]
[1] Vgl. Grunwald, Armin/Hillerbrand, Rafaela, Überblick über die Technikethik, in: Grunwald, A./ Hillerbrand, R. (Hg.), Handbuch Technikethik, Stuttgart 22021, 3–13, 5.
[2] Vgl. Wiegerling, Klaus, Ubiquitous Computing, in: Grunwald, A./ Hillerbrand, R. (Hg.), Handbuch Technikethik, Stuttgart 22021, 419–424, 419.
[3] Ders., Mensch-Maschine-Schnittstelle, in: Grunwald, A./ Hillerbrand, R. (Hg.), Handbuch Technikethik, Stuttgart 22021, 295–299, 295.
[4] Vgl. Ebd., 295.
Theres-Antonia Bock
Derzeit konzentriere ich mich auf meine Dissertation im Bereich Digitalisierung des Wohnens.
Als Innenarchitektin durfte ich in den letzten Jahren miterleben, wie die Digitalisierung immer mehr in den Standard Wohnbau Einzug hält. Smart Buildings und Smart Homes ermöglichen eine effizienteres Facility-Management. Aus ökonomischer Perspektive macht es daher Sinn diese Technik voranzutreiben. Wie sieht es allerdings mit anderen Bereichen aus, die diese Technik ebenfalls beeinfluss? Mit dem Einzug der smarten Technologien in den Pflegebereich und damit in das assistive Wohnen stellen sich grundlegende ethische Fragen. Im Zuge meines Philosophiestudiums und späteren Forschung beschäftigte ich mich immer mehr mit dem Zusammenhang zwischen Technik- Mensch und dem Wohnen und stellte mir immer mehr die Frage, wie die Digitalisierung des Wohnens unser Verständnis vom Wohnen verändern wird.
Wird es ein gutes Wohnen bzw. Leben sein, wenn wir in Zukunft mit unserem Wohnraum kommunizieren?
Wird es ein gutes Wohnen bzw. Leben sein, wenn unser Wohnraum eine auf uns zugeschnittenes Wohnklima schafft?
Wird es ein gutes Wohnen bzw. Leben sein, wenn uns unser Wohnraum vollautomatisch alle unsere Bedürfnisse stillt?
Wie würde uns das als Menschen verändern? Wären wir noch in der Lage selbst Entscheidungen zu treffen? Wären wir noch in der Lage selbst zu wissen, was uns gut tut? Wären wir noch in der Lage für uns Verantwortung zu übernehmen?