Förderjahr 2017 / Project Call #12 / ProjektID: 2186 / Projekt: SovereignID
Im ersten Blogpost des Projekts hat Markus das Konzept der "souveränen digitalen Identität" (SDI) beschrieben. Ich möchte nun einen Blogpost dazu nutzen um etwas genauer auf ein Detail des vorgestellten SDI Konzepts einzugehen.
Das Individuum soll in die Lage versetzte werden die eigene Identitätsdaten “unabhängig” verwalten zu können. Mit der "unabhängigen" Verwaltung ist selbstbestimmte Schreib- und Lesekontrolle gemeint. Und was "unabhängig" hier bedeutet ist noch zu definieren.
Zuvor möchte ich aber noch einen Blick aus der Vogelperspektive anregen:
In den letzten Jahren ist der industrialisierte Teil der Welt fast vollständig dazu übergangen immer größere Teile von “Kommunikation” über “das Internet” abzuwickeln. Wir schreiben gerade 2018, strukturell betrachtet sieht die Sache ungefähr so aus: Milliarden von Smartphones/Tablets/Desktops in den Händen der Nutzer werden verwendet um damit auf große Server-Farmen zuzugreifen. Die sind zwar über den Globus verteilt, stehen aber in den meisten Fällen unter der Kontrolle von wenigen mittlerweile extrem finanzkräftigen Konzernen.
Gesellschaftlich sehr relevante Aspekte wie zB “Zivil-Gesellschaftlicher Gesundheitszustand” spielen für diese Strukturen eine untergeordnete bis gar keine Rolle. Es ist aber im Moment für den Großteil der Menschen die ökonomisch sinnvollste Methode um Kommunikation zu betreiben. An Bequemlichkeit und Nutzen kaum zu überbieten und an direkten Kosten kaum zu unterbieten. Alles was wir tun müssen ist uns ein (iOS oder Android) Gerät zu kaufen dass sich dazu nutzen lässt auf den Plattformen agieren.
Ein Großteil der Nutzer hat ein eigenes mobiles Endgerät. Es stellt sich aber auch heraus: Für einen Großteil der Nutzer ist ein “selbstbetriebener Server” im Moment gar nicht Teil des workflows.
Ich möchte an der Stelle Jürgen Geuter zitieren der in seinem Blog die Haltung von vielen Technik-Nahen Menschen zu diesem Thema kritisch betrachtet indem er überspitzt formuliert was oft die geäußerte Handlungsanweisung über die letzten Jahre war:
Relying on someone else to host your content? You are stupid. Just buy your own server, set up a web and a database server and just run it all yourself. Here’s some code (which you cannot reasonably discern from a prayer to Cthulhu) . It will download some beatific package onto your box and after incanting the following 37 other commands on your machine and investing about a week diving through howtos and manuals (each with at least one typo or mistake in them for fun and education) you might get your blog up and running to post something. Then you are self reliant and a useful citizen of the Internet. Running a mail server comes next.
https://tante.cc/2013/05/20/host-your-own-is-cynical/
Die Frage die wir im Laufe des Projekts SovereignID immer im Hinterkopf behalten müssen lautet also: was ist der ökonomische Anreiz um von der derzeitigen Bequemlichkeit abzugehen und einen Teil der Infrastruktur tatsächlich selbst zu betreiben? Mit “ökonomisch” soll hier allgemein alles gemeint sein was durch eine Nutzen/Kosten Maximierung der Teilnehmer beschrieben werden kann.
Vielleicht finden wir die Antwort wenn wir uns genauer ansehen wo Konzepte des Self-Hostings in letzter Zeit erfolgreich umgesetzt wurden. Als erstes Beispiel fällt mir da Bitcoin bzw “Cryptocurrencies” ein - in den meisten dieser Systeme gibt es jedoch eine Hierarchie (Fullnodes und Wallets).
Dazu mehr im nächsten Blogpost :D
PS: hab heute eine halbtägige Veranstaltung besucht die den Namen getragen hat: "The Next Generation Internet (NGI) initiative - An Internet for Humans." In der Diskussion wurde dort mehrfach behauptet dass das Thema verteiltes Identity Management ein Schlüssel für die Entwicklung der Systeme ist die wir in Zukunft verwenden wollen.