Förderjahr 2018 / Stipendien Call #13 / ProjektID: 3148 / Projekt: Mental Resources and Context in Mobile Interaction
Durch die sich ständig wechselnden Nutzungskontexte können App-Entwickler_innen nicht mehr sagen, wann, wie und wo ihre Apps benutzt werden. Dies gilt besonders für ganz alltägliche Apps wie den Webbrowser oder den Instant Messenger.
Wo schreiben Sie heutzutage Ihre Emails? Sitzen Sie immer vor Ihrem Rechner zuhause oder schreiben Sie auch manchmal Emails von unterwegs? Das „ubiquitäre Internet“, das Mark Weiser 1991 prophezeit hat, ist heutzutage Wirklichkeit geworden: Wir nutzen Smartphones immer und überall, unabhängig von Ort und Tageszeit.
Wie also können Entwickler_innen möglichst realistische Usability-Tests durchführen? Während klassischerweise im Usability-Labor getestet wird, kommen heutzutage immer mehr Feldstudien in Mode. Dabei gibt es sowohl Vor- als auch Nachteile:
- Validität der Ergebnisse: Im Labor wirken manche Sachverhalte oft etwas künstlich. Stellen Sie sich beispielsweise vor, Sie wollen eine hochspezielle App, z.B. für ein Krankenhaus, im Labor testen. Tests im Krankenhaus selber werden immer ökologisch validere und damit realistischere Ergebnisse liefern.
- Störfaktoren: Im Labor können alle potentiellen Störfaktoren kontrolliert und somit ausgeschlossen werden. Da der Test „im Feld“ in einer natürlichen Umgebung stattfindet, ist die Kontrollierbarkeit eher gering.
- Versuchsleiter_inneneffekte: Wie oft sagen Sie das, von dem sie vermuten, dass das Gegenüber es hören möchte? Genau dieser Effekt kann im Labor mit der Versuchsleitung passieren. Im Feld tritt dies nicht so stark auf wie im Labor, da die Versuchsleitung eine andere Stellung einnimmt und eher in den Hintergrund rückt.
In meiner Arbeit möchte ich gezielt untersuchen, wie Menschen unterwegs auf ihrem Smartphone das Internet nutzen. Dazu schaue ich mir die Interaktion mit dem Smartphone an, und exploriere, wie der jeweilige Nutzungskontext und interne Faktoren wie Stress auf die Interaktion einwirken. Inspirierend für die Hypothesenbildung war dabei das Paper „Interaction in 4-second bursts“ von Oulasvirta et al., in welchem 2005 semirealistische Feldstudien zur Webbrowsernutzung auf Handys durchgeführt wurden. Besonderes Augenmerk wurde auf den Wechsel des Aufmerksamkeitsfokus zwischen Umgebung und Aufgabe auf dem Smartphone gelegt, welcher sich im Titel prägnant in den 4-sekündigen Interaktionsspannen ausdrückt, bevor die Aufmerksamkeit zurück zur Umgebung wandert. Meine Arbeit will (mit anderen, wenn auch ähnlichen, Fragestellungen) untersuchen, wie sich das mobile Interaktionsverhalten in den letzten 10 Jahren geändert hat.
Abschließend lässt sich sagen, dass eine Vielzahl von Apps und Frameworks existieren, die dabei helfen, Feldstudien bestmöglich technologisch zu begleiten. Das CoConUT-Toolkit füllt dabei die Lücke aus, kurzzeitige Quasi-Experimente im Feld mit direkter anschließender Exploration der Ergebnisse zu unterstützen.
Quellen:
Weiser, Mark. "The Computer for the 21 st Century." Scientific american 265.3 (1991): 94-105.
Oulasvirta, Antti, et al. "Interaction in 4-second bursts: the fragmented nature of attentional resources in mobile HCI." Proceedings of the SIGCHI conference on Human factors in computing systems. ACM, 2005.