Förderjahr 2018 / Project Call #13 / ProjektID: 3523 / Projekt: preis.wert
Um acht Uhr Früh sucht Anna nach einer Jeans, sie kostet 80 Euro. Als sie nach der Arbeit die Hose bestellen möchte, wundert sie sich: 85 Euro? Die meisten kennen das Thema aus dem eigenen Freundeskreis, oft geht es dabei um Ticketpreise von Flügen, Mode und Amazon. Anlass für manche ist, dass sie gleichzeitig mit jemandem nach etwas suchen und merken - auf den zwei verwendeten Geräten werden unterschiedliche Preise angezeigt. Liegt es am verwendeten I-Phone? Hängt es von der Uhrzeit ab? Die Suche nach den Faktoren ist herausfordernd, doch klar ist: Dynamic Pricing ist im Online Handel eine durchaus gängige Praxis.
Die jüngste Studie zum Thema wurde von den deutschen Verbraucherzentralen durchgeführt. Anfang 2018 (Jänner bis März) untersuchten sie 16 deutsche Online-HändlerInnen und 1.133 Produktpreise. Bei 37 Prozent der untersuchten Artikel waren dynamische Preisveränderungen festzustellen, das betraf am häufigsten Elektronik, Apotheken, Autoteilen und Mode . In Österreich kritisierte jüngst die Arbeiterkammer Wien, dass vor allem im Dienstleistungsbereich (Hotelportale und Flugtickets) Preise intransparent sind und sich teilweise innerhalb von fünf Minuten verändern. Wovon Preise für einzelne KonsumentInnen abhängen, war kaum nachvollziehbar – verschiedene Endgeräte ergaben bei dem Test zum Beispiel keine signifikanten Preisunterschiede. Die Ergebnisse decken sich der ÖIAT-Studie aus dem Jahr 2015 – dynamische Preisgestaltung liegt online jedenfalls vor, bei personenbezogenen Preisdiskriminierungen gibt es Hinweise darauf, dass diese Praktiken experimentell genutzt werden – allerdings gestaltet es sich technisch als schwierig diese nachzuweisen.
In diesem Themenfeld spannend ist vor allem eine Studie der europäischen Kommission: Mittels Mystery Shopping wurde in acht Mitgliedsländern und vier Marktsektoren untersucht, inwiefern es zu personalisierten Rankings von Produkten und personalisierten Preisdiskriminierungen kommt. Personalisierungen beim Ranking von Produkten sind demnach jedenfalls gängig – wie Ergebnisse gereiht sind, verändert sich, je nachdem wer sucht und dessen bisherigen Onlineverhalten. Personalisierte Preisdifferenzierung konnte nur bei sechs Prozent identischer Produktpaare nachgewiesen werden.
Insgesamt lässt sich feststellen, dass Personalisierungen im Online-Handel im Sinne von Price Steering – also die Manipulierung angezeigter Produkte aufgrund personenbezogener Daten – umfassend wissenschaftlich nachgewiesen werden können, bei dynamischen Preisdifferenzierungen sind jedoch die Formen von personenbezogenen Diskriminierungen deutlich schwieriger nachzuweisen. Untersuchungen international, die personenbezogene Diskriminierungen nachweisen konnten, gibt es wenige: Die französische Datenschutzbehörde (CNIL/CCRF) konnte erhebliche Preisdifferenzierungen im Reisesektor nachweisen. Es waren im Transportsektor (Flüge und Bahn) nicht nur Variationen bei Ticketpreisen abhängig von zeitlichen Faktoren bzw. der Verfügbarkeit, sondern auch von Browser-Verlauf bzw. der Nutzung von Preisvergleichsportalen abhängige Unterschiede. Eine in den USA durchgeführte Studie zeigte ebenfalls Evidenz für personenbezogene Preisdifferenzierungen – je nach untersuchter Website waren zwei bis zwölf Prozent der KonsumentInnen davon betroffen – die ausschlaggebenden Faktoren für diese personenbezogenen Diskriminierungen nachzuweisen konnte allerdings auch in dieser Studie nicht gelingen.
Es sind eben diese, auch technisch bedingten, Herausforderungen, die der Ausgangspunkt für das Projekt preis.wert sind.
Bild: CC0 (Unsplash)