Gambling im Gaming – Pt. 2
Über Konvergenz von Glücksspiel und Computerspiel (27.11.2019)
Förderjahr 2018 / Stipendien Call #13 / ProjektID: 3550 / Projekt: "Game Over?"

Wer regelmäßig mit Kindern und Jugendlichen arbeitet oder die Welt der digitalen Spiele verfolgt, kommt um das Spiel „Coin Master“ nicht herum. Der Bekanntheit und Beliebtheit des Mobile Games bei seiner jugendlichen Zielgruppe folgte zuletzt auch eine breitere mediale Aufmerksamkeit. Grund dafür sind die Spielmechaniken von „Coin Master“, die in ihrer Erscheinung und Funktion stark an traditionelles Glücksspiel erinnern.

 

„Ich bin der Coin Master!“

Die Beliebtheit bei einer breiten und vor allem jungen Zielgruppe verdankt „Coin Master“ nicht einer besonders innovativen oder elaborierten Spielmechanik. Spielerisch bietet das Spiel im Vergleich mit ähnlichen kostenlosen Mobile Games keine großen Neuerungen und beschränkt sich im Kern seiner Spielmechanik auf das Drücken einer einzigen Taste. Die aktuell große Bekanntheit erlangte das Spiel vielmehr durch geschickte Marketingkampagnen, die eine Vielzahl von Influencern und Prominenten, darunter Bibi von „BibisBeautyPalace“ mit einbanden. Diese wiesen in Werbespots auf sozialen Medien und im Fernsehen wiederholt auf die Besonderheit des Spieles hin, das in den letzten Monaten scheinbar zum Lieblingsspiel der Stars avancierte.

 

Kindgerechtes Spiel?

Neben den Werbetragenden weist auch die grafische Darstellung des Spieles klar auf eine jüngere Zielgruppe hin. Dennoch empfiehlt der App Store den Download ab 17 Jahren und auch die PEGI hat das empfohlene Alter jüngst auf 12 Jahre angehoben. Der Grund dafür liegt nicht in der Darstellung, sondern in der Spielmechanik von „Coin Master“. Diese besteht in ihrem Kern aus dem Betätigen eines klassischen Spielautomaten. Je nach Ergebnis haben Spielende dann die Möglichkeit, gewonnenes Geld in den Aufbau des eigenen Dorfes zu investieren, das Dorf anderer Spielender anzugreifen, oder zu versuchen, die anderen Spielenden zu bestehlen. Durch die frappierende Ähnlichkeit des Spielelementes mit einem klassischen Spielautomaten drängt sich die Frage auf, ob es sich bei dem Spiel um Glücksspiel handelt, das ohne gesetzliche Beschränkung von Kindern gespielt werden kann.

 

Simuliertes Glücksspiel

Den großen und rechtlich relevanten Unterschied zu klassischen Glücksspielangeboten stellt bei „Coin Master“ die fehlende Möglichkeit dar, durch glückliche Spielzüge auch einen realen Geldgewinn rückerstattet zu bekommen. Die Gewinne im Spiel beziehen sich immer auf eine fiktive Spielwährung, die nicht in andere Währungen zurückgewechselt werden kann. Dennoch bedient sich das Spiel an Mechaniken, die auch in der Glücksspielszene vorkommen. So wird auch bei einem Misserfolg am Automaten Geld ausgeschüttet – wenn auch etwas weniger, als das dies bei einem Erfolg der Fall wäre. Dadurch auch bei einem Misserfolg ein kleiner Gewinn simuliert. Diese sehr wirksame Mechanik kommt auch beim Automatenspiel zum Tragen und soll die Frustration von Spielenden mindern und diese zum Weiterspielen bewegen. Der Glücksspielforscher Mark Griffiths antwortete hierzu auf die Frage, warum Spielende trotz Verlusten weiterspielten: „Gamblers never lose, gamblers always almost win.“ Die Implementierung von Mechaniken aus dem klassischen Glücksspiel in digitale Spiele ohne reale Gewinnausschüttung wird simuliertes Glücksspiel genannt. Eine große Anzahl von Apps dazu finden sich im App Store oder Google Play Store, viele sind auch über soziale Plattformen wie Facebook spielbar. Durch zum Vorteil der Spielenden modulierte Gewinnchancen in diesen Apps werden bei vielen Spielenden unrealistische Erwartungen bezüglich ihrer Gewinnchancen bei Spielautomaten geschürt. Das Ziel dieser simulierten Glücksspiel- Apps ist somit nicht immer das Generieren von Gewinn, sondern die Migration von Spielenden zu Glücksspiel um Echtgeld.

Oft bedienen sich diese Apps auch einer Ästhetik, die stark an Casinos erinnert – bei „Coin Master“ ist die Vernetzung mit klassischem Glücksspiel nicht auf den ersten Blick erkennbar.

 

Spielinterne Werbung

Spielt man das Spiel etwas intensiver, werden die Verbindungen zu klassischen Glücksspielangeboten aber offensichtlich. So gibt es die Möglichkeit, kurze Werbefilme anzusehen, um im Gegenzug dafür ein paar Spielzüge am Automaten zu bekommen. Diese Filme bewerben zumeist weitere Angebote simulierten Glücksspiels, die in ihrer Darstellung bereits deutlich mehr an klassische Angebote erinnern.  

Einnahmen

Bei „Coin Master“ spielt nicht nur die Migration zu Angeboten mit Echtgeld eine Rolle. Auch die Möglichkeit, sich das Warten auf weitere Spielzüge am Automaten durch die Investition von Echtgeld zu verkürzen wird von vielen Spielenden genützt und führte für „Coin Master“ zu Umsätzen in der Höhe von über 300 Millionen in den letzten 12 Monaten (Stand 16.10.2019) bestehen dabei eine Vielzahl von Möglichkeiten Geld auszugeben. Erwähnenswert ist auch das Haustier, das in späteren Spielstufen freigeschalten wird und mit Futter versorgt werden muss, damit es nicht traurig wird. Dieses Futter ist aber nur durch die Investition von Echtgeld zu erwerben. Wenn die Erziehungsberechtigten nicht ein wenig Geld in das Spiel investieren, wird das Haustier dann wohl sehr oft traurig sein – könnte man etwas zynisch dazu anmerken.

Fazit

Während „Coin Master“ kindgerecht anmutet, ist die Implementierung von Glücksspielmechanismen als zentrale Spielmechanik klar erkennbar. Dass junge Spielende, die mit Glücksspielmechaniken konfrontiert sind, immer zu Echtgeldangeboten migrieren oder in Gefahr laufen, glücksspielabhängig zu werden, ist vermutlich stark überzeichnet. Es gibt jedoch Hinweise auf Tendenzen von jugendlichen Spielenden, sich an Glücksspielmechaniken gewöhnen und diese als selbstverständlich und unter Umständen weniger kritisch wahrzunehmen. Diese Normalisierungstendenzen bestehen und stellen in der Diskussion mit jungen Spielenden über das Spiel eine Herausforderung dar- einer Diskussion, die bis zur gesetzlichen Abklärung und vermutlich darüber hinaus eine pädagogische Notwendigkeit bleibt.

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