Frauen und die e-residency?
Reproduktion von Machtstrukturen in der 'digital nation' (14.05.2018)
Förderjahr 2017 / Stipendien Call #12 / ProjektID: 2188 / Projekt: Das Konzept der e-residency

In Estland erscheint alles digitaler, fortschrittlicher und besser für alle zu sein - auch für Frauen?

Fast wäre Hillary Clinton die erste Präsidentin der Vereinigten Staaten von Amerika geworden. Als die Demokratin im Oktober 2016 in der letzten heißen Phase des Wahlkampfs steckte, wurde Kersti Kaljulaid als erste Präsidentin von Estland vereidigt. Sie wirbt um eine 'empathische' Interpretation ihrer Rolle als Staatsoberhaupt in der estnischen Gesellschaft und darüber hinaus.

Analoge Herausforderungen

Kompromisslos will die ehemalige 'Kompromisskandidatin' Themen rund um Gesundheit und soziale Gerechtigkeit anschneiden. Ein wenig verzerrt ist schließlich das Bild des ach so progressiven und fortschrittlichen Estlands. Während weltweit der Hype um e-Estonia groß ist, leben in Estland reale Menschen mit realen Problemen. Und jene Probleme stellen die Regierung vor große Herausforderungen. Bis zum Beitritt in die Europäische Union im Jahr 2004 lebte in Estland die größte Gruppe an Staatenlosen - weltweit. Die Rate an HIV-Infizierten ist im europäischen Vergleich in Estland am höchsten. Jährlich schrumpft die Bevölkerung um 30 000 Personen - eine besorgniserregende Zahl bei 1,3 Millionen BewohnerInnen. 

Der Gender Pay Gap, also die Differenz zwischen der Bezahlung von Frauen und Männern für dieselbe Tätigkeit, ist in keinem Mitgliedsland der Europäischen Union so groß wie in Estland. Kaljulaid mag zwar ein Sinnbild dafür sein, das Frauen mitterweile in höchste Ämter gewählt werden. Dass die sozioökonomische Situation von Frauen in Estland aber wenig fortschrittlich ist, zeigen die Statistiken. 

Digitale Chancen?

Im Rahmen meiner Arbeit habe ich Interviews mit ExpertInnen aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft geführt. War ich die ersten Wochen noch stark darauf konzentriert, zunächst die relevanten Personen ausfindig zu machen und zu kontaktieren, habe ich in der Phase der Datengenerierung gemerkt: Meine Gegenüber waren stets männliche Entscheidungsträger und Influencer. Eine Expertin in Estland hat nach einem längeren Austausch via Mail einem Termin für ein Interview doch nicht zugestimmt. Schlussendlich habe ich lediglich mit Expertinnen aus dem Ausland gesprochen.

Die Digitalisierung wird offensichtlich auch in diesem kleinen Subthema maßgeblich von Männern gestaltet und mitbestimmt. Die e-residency selbst wir ebenso maßgeblich von Männern angenommen. Ein Phänomen, welches nicht unbedingt verwunderlich ist. Schließlich werden auch die meisten analogen Unternehmensgründungen von Männern gestartet. Wird von der falschen Annahme ausgegangen, dass alle e-residents auch tatsächlich Unternehmen gründen wollen, dann passt der aktuelle gender gap auch in das gesamtgesellschaftliche Bild. Der geneigte Leser bzw. die geneigte Leserin darf deshalb am Ende meiner kleinen Blogreihe noch raten, wie hoch der Anteil an Frauen unter den e-residents denn ist. (Damit sprechen wir, wie ich in anderen Blogbeiträgen bereits aufzeigte, nicht automatisch von UnternehmensgründerInnen).

A. 8%

B. 12%

C. 19%

D. 27%

E: 5%

(Stand: Mai 2018). 

 

 

 

LÖSUNG: B

 

 

 

Tags:

e-residency e-Estonia Estland Präsidentin Frauen Gender Pay Gap gender Repräsentation e-government Tallinn

Anna Mayer

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Anna Mayer ist Masterstudentin der Politikwissenschaft an der Universität Wien sowie Bachelorstudentin der Wirtschaftsinformatik an der TU Wien. Neben ihrem Interesse für das Wechselspiel zwischen Digitalisierung und Gesellschaft liest sie gerne analog Bücher, wahlweise in einem Kaffeehaus in Wien oder einem Café in Tallinn.
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