Großevents, Feste und Geburten
in Nordosteuropa (08.02.2018)
Förderjahr 2017 / Stipendien Call #12 / ProjektID: 2188 / Projekt: Das Konzept der e-residency

Bereits im April 2017 begann eine Veranstaltungsreihe anlässlich des 100-jährigen Unabhängigkeitsjubiläums in Estland. Auch in Lettland, Litauen und Finnland finden nationale Unabhängigkeitsfeste statt.

Eine 2 Euro-Sondermünze anlässlich des 100. Unabhängigkeitsfests in Finnland vom Dezember 2017 ist bereits in meinem Besitz. Auch wenn in Estland oft und gerne mit Kreditkarte gezahlt wird, spekuliere ich aktuell beim Erhalt von Rückgeld in Form von Münzen auf eine estnische 2-Euro Sondermünze anlässlich des 100. Unabhängigkeitstags von Estland.

Die Geburt von Nationen

Bereits seit April 2017 finden zahlreiche Veranstaltungen statt, welche von BürgerInnen, Vereinen oder staatlichen Institutionen organisiert werden. Als im Dezember 2017 der nordische Nachbar Finnland sein 100. Unabhängigkeitsjubiläum von dem ehemaligen Russischen Reich feierte, konnte auch im winterlichen Tallinn ein atemberaubendes Feuerwerk bestaunt werden.

Am 24. Februar 2018 ist es dann aber in Estland soweit: Bereits um 7.20 Uhr am frühen Morgen, nachdem sich die TeilnehmerInnen auf einen Berg hoch oben von Tallinn begeben haben werden, wird die Nationalhymne gesungen.

In Estland wird gefeiert und gesungen

Die Nationalhymne und ihre Entstehungsgeschichte hat dann doch mehr mit der Geschichte des Landes in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zu tun. Von den Sowjets annektiert, sahen die Esten in Gesängen ihre einzige Möglichkeit, um ihre nationale Identität aufrecht erhalten zu können. Über Jahrzehnte wurden die Lieder an jüngere Generationen weitergegeben und sie stellten eine, wenn nicht sogar die entscheidende Komponente des kollektiven Gedächnisses dar. Die "Singing Revolution" ist in die Geschichtsbücher eingegangen.

Vielen Menschen, die der estnischen Sprache nicht mächtig sind, erscheint es schier unmöglich, die Sprache zu erlernen. Wie soll es dann schon möglich sein, bei den Gesängen mitzuträllern?

Die Sprache aus der finno-ugrischen Sprachfamilie ist mit Sicherheit auch ein entscheidendes Moment, wie sich Estland seine nationale Identität zu Zeiten der Sowjetunion bewahren konnte. Auch wenn Russisch dominierte, konnte Estnisch zumindest in den Familien während der Sowjetzeit gesprochen werden.

Abgrenzung und Vorbild

In den 90er Jahren erlebte Estland dann sein baltisches Wirtschaftswunder. Mithilfe von Investitionen aus dem Ausland und politischen Pilotprojekten verwandelte sich die junge Nation schnell. Die Digitalisierung wurde zum Aushängeschild von Estland und die sowjetische Vergangenheit sollte am liebsten verdrängt werden. Als dann im Jahr 2004 der Bronzesoldat von Tallinn, ein sowjetisches Ehrenmal, an einen selten frequentierten Ort versetzt werden sollte, liefen Teile der ethnisch russischen Minderheit Sturm. Es kam zu Tumulten auf den Straßen.

Denn trotz oder gerade wegen der ethnisch russischen Minderheit in Estland, die heute knapp 30 Prozentsatz der Gesamtbevölkerung ausmacht, hat sich die junge Nation stark von der sowjetischen Vergangenheit abgrenzen wollen, sie gar verdrängen wollen. Die Digitalisierung ist hierbei das Ticket in eine noch glorreichere Zukunft. Estland will weiterhin leader in der Digitalisierung sein, denn auch weiterhin soll das Land im hohen Norden von Europa für seine Innovationskraft und -umsetzung bekannt sein.

Sowohl für Lettland als auch Litauen stellt Estland ein Vorbild in der Region dar. Die beiden baltischen Staaten haben sich zwar ebenso gut entwickelt, aber nicht ansatzweise so erfolgreich wie Estland. Die konsequente Umsetzung von neoliberalen Reformen mag ein Grund für den Erfolg der Regierung in Tallinn sein.

Mittlerweile ist Estland auch ein enger Kooperationspartner von Ländern aus der postsowjetischen Hemisphäre, die, laut Kerikmäe et al., weder 'Post' noch 'Sowjetisch' sein möchten. Kein Wunder also, weshalb Estland gerade insbesondere Ländern wie Georgien, Aiserbadschan und der Ukraine bei der Implementierung einer e-governance unterstützt. 

Tags:

Digitalisierung e-Estonia Tallinn e-governance Kultur

Anna Mayer

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Anna Mayer ist Masterstudentin der Politikwissenschaft an der Universität Wien sowie Bachelorstudentin der Wirtschaftsinformatik an der TU Wien. Neben ihrem Interesse für das Wechselspiel zwischen Digitalisierung und Gesellschaft liest sie gerne analog Bücher, wahlweise in einem Kaffeehaus in Wien oder einem Café in Tallinn.
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